Bewährungsprobe für Führungskräfte

Wie umgehen mit schwierigen Mitarbeitern?


Simon Nattler

Als Apothekenleiter müssen Sie auch in der Lage sein, schwierige Mitarbeiter zu führen. Aber was bedeutet eigentlich schwierig, welche Maßnahmen kann ich ergreifen und was ist die Gefahr, wenn ich es nicht tue? Ein Leitfaden aus der Praxis für die Praxis.

Der Umgang mit schwierigen Mitarbeitern, die es in jeder Apotheke gibt, ist die Königsdisziplin für Apotheken- und Filialleiter. (© AdobeStock/olly und contrastwerkstatt) 

Die meisten Mitarbeiter in Apotheken arbeiten harmonisch im Team zusammen. Sie werden aber immer wieder Mitarbeitern begegnen, die schwieriger zu führen sind. Viele Führungskräfte zögern in diesem Fall, Konflikte direkt anzusprechen, aus Sorge, den Mitarbeiter zu verlieren – besonders, wenn er eine Schlüsselrolle innehat oder der Personalnotstand eine Neubesetzung schwierig machen würde.

Gedankliche Geiselnahme

Die eigentliche Gefahr droht aber von der anderen Seite. Genauso, wie ein frecher Kunde Ihren ganzen Tag ruinieren kann, kann ein Mitarbeiter das Arbeitsklima empfindlich stören und zu Kündigungen im restlichen Team führen. Wie bei einer gedanklichen Geiselnahme verschwenden Sie dazu besonders viel Zeit und Energie auf diesen einen Mitarbeiter. Ignorieren ist daher die riskanteste Option, da es oft als Führungsschwäche gesehen wird und Ihr Team erst recht demotiviert. Eine Kündigung des Mitarbeiters ist jedoch ebenfalls meist nicht notwendig. Gerade die Mitarbeiter, die Ihnen vielleicht nicht so liegen, sind die Herausforderung, an der Sie wachsen können.

Zunächst sollten Sie neutral bleiben und so fair sein, Ihr eigenes Verhalten unter die Lupe zu nehmen. „Schwierig“ ist schließlich relativ und wird mit dem Verhalten verglichen, das wir selbst als angenehm empfinden.

Stellen Sie sich deshalb die folgenden Fragen:

  • Ist das Verhalten nur anstrengend, aber korrekt, oder überschreitet es tatsächlich Grenzen?
  • Betrifft es die Arbeitsleistung oder den Umgang mit Kollegen? Triggern andere dieses Verhalten vielleicht?
  • In welchen Situationen tritt das Verhalten auf? Was sind die Beweggründe?

 

Tipp: Vielen Führungskräften hilft eine externe Vertrauensperson, etwa der Ehepartner oder ein Erfa-Kollege. Das Beschreiben des Verhaltens hilft häufig, den Vorfall distanzierter zu betrachten. Dabei kann Ihr Partner ruhig die Gegenposition einnehmen und das Verhalten aus Mitarbeitersicht rechtfertigen.

Das Gespräch suchen

Sobald klar ist, dass der Mitarbeiter den Apothekenalltag tatsächlich negativ beeinflusst, zögern Sie nicht zu lange mit einem klärenden Vier-Augen-Gespräch. Andernfalls könnte er sich an sein Fehlverhalten gewöhnen. Vermeiden Sie es jedoch, Ihren Führungsstil abrupt zu ändern, besonders wenn Sie das Verhalten über Monate hinweg toleriert haben.

Gehen Sie unvoreingenommen in das Gespräch, denn Mitarbeiter spüren eine vorgefasste Meinung und schalten in den Verteidigungsmodus. Denken Sie daran: Nicht der Mitarbeiter ist schwierig, sondern nur ein bestimmtes Verhalten. Den Mitarbeiter als Person anzuklagen, ist daher ein No-Go. Erklären Sie ihm, dass Sie sich die Zeit für ein Gespräch nehmen, weil er für Sie und die Apotheke wichtig ist. Kommen Sie dann auf eine bestimmte Situation oder ein Verhalten zu sprechen, ohne zu pauschalisieren („Du bist immer so unzuverlässig.“).

Allgemeine Vorwürfe bewirken meist nur, dass der Mitarbeiter mit Beispielen kontert, in denen er sich vorbildlich verhalten hat. Als erfahrener Konfliktlöser sollten Sie möglichst Ihre persönliche Wahrnehmung der Situation darlegen, zum Beispiel durch Aussagen wie „Ich finde …“ oder „Aus meiner Sicht …“ Dies signalisiert Ihre grundsätzliche Offenheit und ermutigt den Mitarbeiter, seine Sichtweise zu erläutern.

Bemühen Sie sich, auch den Standpunkt des Mitarbeiters nachzuvollziehen. Ohne Verständnis für dessen Gründe haben Sie keine Chance, eine nachhaltige Verhaltensänderung herbeizuführen.

Selten führt ein einzelnes Gespräch zur vollständigen Lösung des Problems. Legen Sie daher einen verbindlichen Folgetermin fest und vereinbaren Sie Maßnahmen, die den Mitarbeiter bei der Verhaltensänderung unterstützen.

Maßnahmen je nach Typ

Unzuverlässige Mitarbeiter sind oft demotiviert und abgelenkt, weil die Arbeit für sie aktuell keine Priorität hat. Häufig ist Überforderung im beruflichen oder privaten Umfeld der Auslöser. Die Schuld schreibt er anderen zu, wenn ihm wichtige Informationen für seine Arbeit fehlen.

Legen Sie dem Mitarbeiter die negativen Auswirkungen auf Kunden und Kollegen offen. Ermitteln Sie die Ursachen der Überforderung und beheben Sie diese, etwa durch gezielte Schulungen. Fördern Sie die Motivation, indem Sie dem Mitarbeiter mehr Aufgaben zuweisen, die er beherrscht und gerne erledigt.

Scheinbar hilflose Mitarbeiter fragen bei jeder Routineabweichung nach, wodurch Sie und Ihr Team ständig unterbrochen werden. Ein solches Verhalten ist oft das Ergebnis früherer Chefs, die zum Mikromanagement geneigt haben. Erläutern Sie dem Mitarbeiter seine Aufgaben ausführlich, ohne ihm die Erledigung abzunehmen. Ein zugängliches und gepflegtes QMS in klarer Sprache kann dabei gut unterstützen.

Von perfektionistischen Mitarbeitern wird dagegen jede Hilfe abgelehnt, denn niemand kann die Aufgabe so gut erledigen wie der Mitarbeiter. Dafür benötigt er aber meist lange und fehlt daher an anderer Stelle. Wird die Aufgabe in seiner Abwesenheit erledigt, wird das Ergebnis kritisiert. Der Grund ist oft eine tief verwurzelte Angst vor Fehlern und Bloßstellung. Verdeutlichen Sie, dass „gut genug“ oft ausreichend ist und setzen Sie klare Fristen. Erkennen Sie dabei weiterhin die hohe Qualität seiner Arbeit an, um zu vermeiden, dass er aus Widerwillen die Arbeitsqualität mindert.

Blockierende Mitarbeiter lehnen Neuerungen ab aus der Überzeugung, dass dadurch ohnehin alles nur komplizierter wird. Tatsächlich fürchten sie meist, den neuen Anforderungen nicht gewachsen zu sein und sperren sich, da sie nicht wie Sie das ganze Bild sehen. Verdeutlichen Sie, dass Veränderung ein wichtiger Bestandteil des Jobs ist, und versichern Sie Ihre Unterstützung. Orientieren Sie Ihr Unternehmen jedoch keinesfalls an diesen Mitarbeitern, da dies die Entwicklung Ihrer Apotheke gefährden würde.

Eng damit verbunden ist der Gewohnheitsjammerer. Dieser setzt Änderungen zwar um, meckert jedoch an allem herum und stellt jede Schwachstelle in den Vordergrund, während er Vorteile unter den Tisch kehrt. Dies kann auch das Team infizieren. Treten solche Mitarbeiter in Ihrer Apotheke regelmäßig auf, sollten Sie auch Ihre eigene Haltung reflektieren: Äußern Sie sich ebenfalls oft negativ über die gegenwärtigen Herausforderungen vor dem Team? Negativität ist hochansteckend!

Passiv-aggressive Mitarbeiter sind besonders schwierig zu führen und fallen durch ihre spitzen und sarkastischen Bemerkungen auf. Sie sprechen Probleme nicht direkt an, sondern verstecken ihre Ablehnung zwischen den Zeilen. Oft wissen sie nicht, wie sie offen mit Kritik umgehen sollen, und tarnen daher ihre Sticheleien, um unschuldig zu wirken („Klar, ich mache Katjas Aufgabe gerne fertig. Ich hab ja Zeit.“). Haken Sie bei solchen doppeldeutigen Aussagen ruhig nach, damit der Mitarbeiter sich festlegen muss. Häufig sprechen sie beim Chef Fehlverhalten von Kollegen an, jedoch so subtil, dass es nicht direkt als Verpetzen wahrgenommen wird („Dürfen wir mittlerweile auf den Kundenparkplätzen stehen? Oder ist der Mazda gar nicht von Katja?“). Zeigen Sie ihm, dass Sie sein Problem erkannt haben, ermutigen Sie ihn aber, das Problem selbst zu lösen („Besprich solche Dinge bitte direkt mit Katja.“). Wichtig ist für den Mitarbeiter, dass er wahrgenommen wird.

Bei tatsächlichem Mobbing, also dem gezielten Schikanieren von Mitarbeitern, ist eine konsequente Reaktion unabdingbar (siehe auch AWA 17/2023, S 12 f.). Das Verhalten muss sofort gestoppt werden. Mobbing wirkt sich nicht nur auf den Arbeitsalltag aus, sondern belastet auch das Privatleben der Betroffenen und kann ernsthafte psychische Probleme verursachen.

Wenn Sie fair, schrittweise und konsequent vorgehen, können Sie oft erfolgreich das schädliche Verhalten des Mitarbeiters ändern, ohne gleich seine Kündigung befürchten zu müssen. Die Entlassung sollte ebenfalls als letztes Mittel in Betracht gezogen werden, besonders wenn der Mitarbeiter weiterhin bewusst die Teamarbeit sabotiert.

Genauso, wie ein frecher Kunde Ihren ganzen Tag ruinieren kann, kann ein einzelner Mitarbeiter das Arbeitsklima empfindlich stören und zu Kündigungen im restlichen Team führen. Wie bei einer „gedanklichen Geiselnahme“ verschwenden Sie besonders viel Zeit und Energie auf diesen einen Mitarbeiter. Aber denken Sie daran: Nicht dieser ist schwierig, sondern nur ein bestimmtes Verhalten. Den Mitarbeiter als Person anzuklagen, ist daher ein No-Go.

 

Simon Nattler, Apotheker und Gründer der apocollect Team-Software, 45896 Gelsenkirchen, E-Mail: simon@apocollect.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2024; 49(03):12-12