In der Renditefalle


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Liebe Leserinnen und Leser,

was ist besser? 10 % Gewinn auf 2 Millionen Euro Nettoumsatz mit 50.000 Kunden im Jahr oder 4 % Rendite auf 5 Millionen Euro und 75.000 Kunden? Beide Male würden immerhin noch 200.000 € an Vor-Steuer-Gewinn herauskommen. Doch im zweiten Fall drehen Sie ein viel größeres Rad. Und nicht nur das: Von 4 % fallen Sie schnell auf 3 % oder 2 % herunter, schwindende Einkaufsrabatte und eine kräftige Lohnrunde lassen das rasch wahr werden. Von Problemen auf der Umsatzseite gar nicht zu reden, wenn mal ein wichtiger Verordner wegfallen sollte oder Frequenzbringer schwächeln. In der ersten „kleineren, aber feinen“ Variante ist die Krisenresistenz höher, die „Hebelwirkung“ bei wirtschaftlichen Veränderungen auf den Gewinn geringer („Sensitivitätsanalysen“ untersuchen so etwas genauer). Der erste Fall charakterisiert eine margenstarke Apotheke in den frühen 2000er Jahren, der zweite, renditeschwache Betrieb nicht selten die aktuelle Lage.

Selbst (oder gerade?) umsatzstarke Apotheken sind immer öfter betriebswirtschaftliche Hochseilartisten „ohne Netz und doppelten Boden“. Beeindruckende Schaufenster-Umsatzzahlen fürs Publikum, aber die Schlinge zwischen Aufwand, Risiko und Ertrag zieht sich immer enger. Selbst von den größten Übriggebliebenen stehen mitnichten alle stabil da.

Lange kann es so zumindest in der Breite nicht weitergehen. Die Apotheken stehen auf die eine oder andere Weise vor Umbrüchen: durch regulierend-stabilisierende Eingriffe, verteilungsstatistisch- destruktiv nach dem Modell „last man/woman standing“ oder gerne auch kreativ-chancenorientiert.

Es verrutscht gerade vieles in der Gesellschaft. Ob daraus eine Lawine ins Tal wird oder wieder aufkeimende, auch wirtschaftliche Vernunft das zu wenden vermag, bleibt einstweilen offen – und Ihnen die Aussicht, dank guter Betriebsführung wenigstens im Wettbewerbsumfeld oben zu schwimmen.

Herzliche kollegiale Grüße aus Tübingen,

Ihr

Prof. Dr. Reinhard Herzog

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