Kapitalanlage mit ETFs

Index-Inflation statt einfacher Anlageprodukte


Thomas Hammer

Börsennotierte Indexfonds (ETFs) eroberten einst den Markt, weil sie mit transparenten und kostengünstigen Produkten eine Alternative zum unübersichtlichen Angebot an klassischen Fonds boten. Doch mit dem Erfolg hat zugleich der Wildwuchs Einzug gehalten.

Drei gläserne Sparschweine mit Münzen und den Aufschriften E, T und F

Das ETF-Angebot ist sehr unübersichtlich geworden – Anleger sollten Nischenprodukte 
fürs Erste ausblenden und sich auf die großen internationalen Standardwerte-Indizes fokussieren. 
(© AdobeStock/Maksym Yemelyanov) 

Günstige Kosten, Transparenz und einfache Produktauswahl – mit diesem Anspruch gingen börsennotierte Indexfonds (ETFs) vor gut 30 Jahren an den Start. Private und institutionelle Wertpapieranleger sollten eine Alternative zu aktiv gemanagten Fonds erhalten, bei denen das Angebot aufgrund vieler tausend Einzelprodukte mit teils wenig transparenten Kostenstrukturen immer unübersichtlicher geworden war.

Die Idee dahinter: Weil es viele Fondsmanager langfristig nicht schaffen, nach Abzug der Fondskosten eine höhere Rendite als der Vergleichsindex zu erwirtschaften, ist es für Anleger sinnvoll, auf ein aktives Fondsmanagement zu verzichten und stattdessen in einen kostengünstigen Fonds zu investieren, der einfach nur einen Index nachbildet. Der Trend schwappte innerhalb weniger Jahre nach Deutschland über, wo die Frankfurter Börse im April 2000 aufgrund der großen Nachfrage ein eigenes Handelssegment für die neuen ETFs einrichtete.

Skurrile Nischen-ETFs

Doch gut 25 Jahre nach der Markteinführung in Deutschland stehen Anleger bei der ETF-Auswahl heute vor einem ähnlichen Dschungel an Einzelprodukten wie bei klassischen Fonds. Allein in Deutschland werden gut 2.300 ETFs angeboten, weltweit sind mehr als 10.000 ETFs in Umlauf. Nur ein Teil davon bildet klassische Wertpapierindizes wie den Dax, den Dow Jones oder Branchenindizes wie den US-Technologieindex Nasdaq ab. Neben ETFs auf bereits bestehende Nischen-Indizes gibt es mittlerweile Produkte, für die eigens ein Index ins Leben gerufen wurde. Zu den skurrilen Vertretern dieser Gattung zählt beispielsweise der ProShares Pet Care ETF, der ausschließlich Aktien von Unternehmen aus der Haustier-Branche enthält. Ob ein solches Anlageprodukt mehr zu bieten hat als den emotionalen Wert für Tierliebhaber, bleibt allerdings fraglich.

Auch bei den Portfolios der Indexfonds verkörpern die klassischen Aktien- und Anleihenmischungen nur noch einen Teil des Gesamtmarktes. Hinzugekommen sind in den vergangenen Jahren Rohstoff-ETFs auf Edelmetalle, industrielle und landwirtschaftliche Rohstoffe sowie exotische Anlageprodukte, die mit Kryptowährungen oder Derivaten hinterlegt sind.

Die Zerfaserung trägt mit dazu bei, dass der ETF-Markt insbesondere für Anleger mit wenig Erfahrung immer unübersichtlicher wird.

Exoten-Fonds sind oft teuer

Wer bei Vergleich und Auswahl nicht aufpasst, muss in ungünstigen Fällen Kostennachteile in Kauf nehmen – ein Manko, das die einstigen Erfinder der ETFs eigentlich eliminieren wollten. Während die klassischen Indexfonds auf die großen Indizes wie MSCI-Weltaktienindex oder den Euro Stoxx in günstigen Fällen nur 0,1 % bis 0,2 % des Fondsvermögens als jährliche Verwaltungsgebühr abzweigen, kann die Kostenquote bei Nischenprodukten auf bis zu 1,5 % steigen. Insbesondere Rohstoff- und Krypto-ETFs, aber auch Nischenprodukte aus der Aktienkategorie können hohe interne Verwaltungsgebühren verursachen. Informationen zu den Gebühren finden sich in den Fact Sheets der einzelnen Fondsprodukte, die auf der Internetseite des Anbieters oder auf Handelsplattformen heruntergeladen werden können.

Beim Prüfen der Fact Sheets lohnt sich nicht nur ein Blick auf die Verwaltungskosten, sondern auch auf das Fondsvolumen und den Umgang mit Erträgen in Form von Dividenden und Zinsen.

Um einen ETF kosteneffizient zu verwalten, benötigt der Fondsanbieter nach Ansicht von Experten ein Fondsvolumen von mindestens 100 Millionen Euro. ETFs mit deutlich geringerem Volumen bergen das Risiko, dass der Fonds mangels Rentabilität nach einer gewissen Zeit wieder geschlossen wird. In diesem Fall werden die Anleger ausgezahlt und müssen sich ein neues Investment suchen.

Ausschüttend oder thesaurierend?

Eine weitere Überlegung bei der ETF-Auswahl gilt dem Umgang mit den im Portfolio anfallenden Ausschüttungen. Werden die Dividenden bzw. Zinsen direkt in das Fondsvermögen reinvestiert, handelt es sich um so genannte „thesaurierende ETFs“. Solche Produkte eignen sich insbesondere für den Vermögensaufbau, weil Anleger durch die automatische Wiederanlage der Ausschüttungen langfristig vom Zinseszinseffekt profitieren. Bei ausschüttenden ETFs werden Zinsen und Dividenden hingegen zumeist in jährlichem Rhythmus an die Anteilseigner ausgezahlt. Diese Variante kommt vor allem dann in Frage, wenn die Ausschüttungen das laufende Einkommen im Ruhestand aufbessern sollen.

Angesichts der verwirrenden Vielfalt an ETF-Produkten sollten Anleger Schritt für Schritt vorgehen, um sich von vornherein auf die passenden Produktvarianten zu konzentrieren und keine Zeit mit der Prüfung ungeeigneter Fondsprodukte zu verschwenden. So sollte im Aktienbereich ein möglichst breit aufgestellter Standardwerte-ETF die Basis bilden. Hierfür kommen beispielsweise ETFs auf den MSCI-Weltaktienindex in Frage. Diese sollten aufgrund des hohen Anteils von gut 70 % an US-Aktien mit einem ETF auf den europäischen Aktienindex Stoxx ergänzt werden.

Der überwiegende Teil der mittlerweile am Markt präsenten ETFs bildet hingegen spezielle Investmentideen ab, auf die Anleger allenfalls einen kleinen Teil ihres Aktienvermögens setzen sollten.

Dabei gilt: Je enger die Nische solcher Themenfonds, umso größer ist das Risiko von Verlusten, wenn der Trend wieder vorbei ist und Anleger sich einem anderen Modethema zuwenden. So ist beispielsweise ein international aufgestellter Technologie-ETF besser diversifiziert als ein Fonds, der auf Wasserstoff-Unternehmen oder Goldminenbetreiber setzt.

Die Grafik lässt sich aufgrund ihrer Komplexität nicht in Form eines lesbaren Kurztextes beschreiben

Vorsicht bei Rohstoff- und Krypto-ETFs

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn es um Rohstoffe oder Kryptowährungen geht. Hier ist die Bezeichnung „ETF“ ohnehin irreführend, weil diese Fonds oftmals mit Einzelwerten statt mit einem breit gefächerten Index hinterlegt sind.

Einziger Vorteil gegenüber dem Direktkauf von Kryptowährungen ist, dass der Fonds im klassischen Wertpapierdepot verwaltet werden kann und kein eigenes Online-Wallet eröffnet werden muss.

Anleger, die sich für einen Bitcoin-ETF interessieren, müssen mit der gleichen, extrem hohen Volatilität rechnen wie beim Bitcoin selbst.

Rohstoff-Indexfonds – die fachlich korrekt als „Exchange Traded Commodities (ETC)“ bezeichnet werden – bilden nicht immer den tagesaktuellen Kaufpreis der hinterlegten Rohstoffe ab, sondern oftmals die Börsenwerte von Kontrakten, mit denen Optionen auf zukünftige Einkäufe gehandelt werden. In solchen Fällen wird aus dem Rohstoff-Fonds faktisch ein Derivate-Fonds.

Fazit

Wertpapieranleger sollten sich vom unübersichtlichen Angebot an Themen- und Trend-ETFs nicht verwirren lassen und erst einmal sämtliche Nischenprodukte ausblenden, um mit ETFs auf die großen internationalen Standardwerte-Indizes eine Basis zu schaffen.

Ob darüber hinaus noch der eine oder andere Anlagetrend in einem ETF abgebildet werden soll, hängt davon ab, wie viel Know-how der Anleger hat und ob er bereit ist, die erforderliche Zeit in die Analyse seiner Investmentidee zu investieren.

 

Thomas Hammer, Freier Wirtschaftsjournalist, 75443 Ötisheim, E-Mail: th@hammertext.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2025; 50(14):14-14