Die zentrale Schlüsselkennzahl schlechthin

Rx-Packungswert im Fokus


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Neben den Kunden- und Absatzzahlen entscheiden die Packungswerte des Rx-Sortiments an vielen Stellen über das Wohl und Wehe einer Apotheke. Dies im Blick zu behalten, steht auf der To-Do-Liste einer zahlenbasierten Apothekenführung ganz weit oben.

Es liegt auf der Hand, dass die Absatz- und Wertstruktur des Rx-Segments, was im Schnitt gut 80 % des Umsatzes ausmacht, enorme Konsequenzen zeitigt:

  • Die Handelsspanne bzw. der Rohgewinnsatz werden ganz maßgeblich davon bestimmt.
  • Die Einkaufsrabatte bemessen sich an der entsprechenden Wertverteilung: Hochpreiser werden anders rabattiert als das „normale“ Rx-Sortiment, und im Normalsegment schlägt sehr oft der „Handelsspannen-Ausgleich“ zu Buche, der vom durchschnittlichen Packungswert abhängt.
  • Die Höhe des Warenlagers wird davon beeinflusst, in welcher Preisklasse sich die Verordnungen abspielen; das ist in einem Fachärztehaus anders als in der Peripherie. Daran schließen sich Verfallrisiken oder mögliche Auswirkungen von Retaxationen an.

Die Bestandsaufnahme

Bin ich eher durchschnittlich, „hochpreisig“ oder „niedrigpreisig“ aufgestellt? Auswertungen für 2024 zeigen, dass der durchschnittliche Rx-Apothekeneinkaufspreis (AEP netto, nur Fertigarzneimittel ohne Impfstoffe) bei rund 30 € liegt, zu Herstellerpreisen um 28,50 €. Diese Beträge sind in den letzten Jahren mäßig um einige Prozent gestiegen. Die Hochpreiser, die gut 40 % des Rx-Umsatzes, aber nur 0,8 % der Packungen ausmachen, treiben den durchschnittlichen AEP auf gut 55 €, der Verkaufswert (AVP, netto) liegt damit bei gut 65 €.

Wer signifikant darunter liegt, gehört also in den niedrigpreisigen Rx-Bereich, ansonsten ist man höherpreisig aufgestellt. Abbildung 1 zeigt drei solche Modellapotheken mit einem durchschnittlichen Absatz von etwa 46.000 Rx-Packungen jährlich.

 

Die Grafik lässt sich aufgrund ihrer Komplexität nicht in Form eines lesbaren Kurztextes beschreiben

Abb. 1: Rx-Packungswertverteilungen von drei Modell-Apotheken

Beim Betrachten der einzelnen Preisklassen machen vor allem die höchsten (Hochpreiser-)Klassen den schlussendlichen Unterschied. Hier wie da sind die Balken klein, aber ob man eben nur 200 bis 250 Hochpreiser in einem Einkaufscenter, gut 350 im Schnitt oder über 600 Hochpreispräparate in einem Fachärztehaus absetzt, macht einen gewaltigen Unterschied hinsichtlich Umsatz und erzielter Marge. Je nach Standort ist auch die Preisklasse darunter (über 500 € bis 1.200 €) noch von gewisser Relevanz („kleine Hochpreiser“), denn diese sind auch typische Facharzt-Präparate.

Und so erwirtschaften die Modell-Apotheken Rx-Margen von nur 11,3 % (hochpreisig) bis hin zu 19,0 % (niedrige Rx-Packungspreise). Zur Wahrheit gehört freilich dazu, dass die absoluten Stückerträge mit 11,30 € trotz geringster Marge deutlich höher ausfallen als im Schnitt (9,80 €) oder in der Lauflage (9,00 €). Achtung: In der Abbildung (Kasten) sind die Einkaufspreise aufgeführt, die Spannen berechnen sich aber nach den realen Verkaufspreisen.

Datenquellen

Wie können Sie nun selbst ermitteln, wie Ihre Packungsdurchschnitte liegen? Im Warenwirtschaftssystem können Sie in jedem Fall die Gesamtzahl der Rx-Packungen und den entsprechenden Umsatz bzw. Einkaufswert einsehen. Viele Systeme unterstützen zudem eine Wertklassen-Analyse. Die Klassengrenzen können variieren, bisweilen sind diese veränderbar. Idealerweise erlaubt das System zudem einen Vergleich mit anderen Betrieben.

Gesamtspanne

Bisher haben wir nur auf das umsatzmäßig weit dominierende Rx-Segment geschaut. Wie steht es nun um die gesamte Handelsmarge Ihres Betriebs? In Tabelle 1 ist dies ebenfalls beispielhaft für verschiedene Anteile des Non-Rx-Geschäfts vereinfacht dargestellt. Die Non-Rx-Spanne sei im Schnitt 42,5 %. Das Arzneimittelsegment („Sichtwahl“) kommt typischerweise auf deutlich höhere (an die 50 %), das Freiwahlsortiment auf niedrigere Margen gern um 35 %. Zudem gibt es auch noch Hilfsmittel, Verbandstoffe u. a. m. Je nach Anteil dieses Non-Rx-Segments variieren nun die resultierenden Gesamtspannen.

Die Grafik lässt sich aufgrund ihrer Komplexität nicht in Form eines lesbaren Kurztextes beschreiben

 

Die sowieso schon mit höheren Rx-Spannen versehene Lauflagen-Apotheke bessert sich ihre Gesamtmarge bei 30 % Non-Rx-Umsatzanteil auf rund 26 % auf; praktisch kommen dann noch die Honorare aus Not- und Botendiensten und sonstigen Dienstleistungen, Rezepturen, BTM u. a. m. hinzu, sodass noch ein halber Prozentpunkt oder etwas mehr obenauf kommt. Wer schon mit einer niedrigen Rx-Spanne einsteigt, kann selbst mit einem höheren Non-Rx-Anteil nur mühsam die 20 %-Marke knacken; erfahrungsgemäß haben zudem die hochpreisigen Rx-Apotheken keinen sonderlich hohen Non-Rx-Anteil. So erklären sich dann Gesamtspannen von (sehr) deutlich unter 20 %.

Große Zahlen

Es liegt weiter auf der Hand, dass die hohen Packungswerte die Umsätze aufblähen. Nehmen wir die im Schnitt 46.000 Rx-Packungen, dann erwirtschaftet die Ärztehaus-Apotheke allein damit rund 4,6 Mio. € Umsatz, die Lauflagen-Apotheke nur um 2,2 Mio. € und der Durchschnitt knapp 3 Mio. €.

Wer 2.500 verschiedene Rx-Pharmazentralnummern (Artikel) vorrätig hält (Lagerbreite), bei im Schnitt 1,5 Packungen (Lagertiefe), also 3.750 Rx-Packungen, hat in der Lauflage nur 86.000 € an Lager, im Ärztehaus 150.000 €, im Schnitt 112.000 €.

Und als wäre das noch nicht genug, muss die Ärztehaus-Apotheke womöglich einen kräftigen Malus („Handelsspannenausgleich“) auf den Großhandelsrabatt in Höhe von rund 1,7 Prozentpunkten hinnehmen (Tabelle 1 unten), während die Lauflagen-Apotheke weitgehend ungeschoren davonkommen sollte, und der Schnitt der Apotheken bei etwa einem Prozentpunkt läge. Hier gilt es genau hinzuschauen – und zäh zu verhandeln, insbesondere solange die Skonti noch außen vor sind.

Diese telegrammartige Faktensammlung sollte unsere Überschrift mit viel Leben gefüllt haben: Der Rx-Packungswert ist die zentrale Schlüsselkennzahl schlechthin. Behalten Sie diesen daher kontinuierlich mit Adleraugen auf dem Schirm!

 

Prof. Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2025; 50(14):4-4