Eine Reise durch die Landschaft der Datenquellen

Fakten und Zahlen bitte!


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Viel Meinung vermischt mit eigenen Interessen bei mangelnder Kenntnis der Sachlage ist ein typisches Vorgehen in Politik, Gesellschaft und sogar „Qualitätsmedien“. Unsere Sammlung aktueller Datenquellen hilft, selbst den Fakten im Gesundheitswesen auf den Grund zu gehen.

Unsere Quellensammlung setzt ihren Schwerpunkt im nationalen wie internationalen Gesundheits- und Sozialwesen. Es wurde Wert darauf gelegt, dass alle Daten frei und möglichst stets aktualisiert im Internet auffindbar sind. Für wissenschaftliche Abhandlungen ist ein tiefergehendes Quellenstudium mit den entsprechenden Stellen in der (oftmals nicht frei zugänglichen) Primär- und Sekundärliteratur erforderlich. Wir beschränken uns auf die „Zahlen, Daten und Fakten“, die zudem möglichst schnell einsehbar sein sollen.

Hinweis: Auch wenn wir manch Website direkt nennen – die aktuellsten und besten Ergebnisse erzielen Sie, wenn Sie nach den erwähnten Quellen direkt in einer Suchmaschine wie Google oder Bing mit den jeweiligen Stichworten suchen.

Der globale Blick

Wer sich über die weltweite Lage in den einzelnen Gesundheitssystemen informieren möchte, landet schnell bei der OECD und deren OECD Health Statistics. Hier kann man auch individuelle Abfragen aus der umfangreichen Datenbank vornehmen. Periodisch wird dort zudem die Publikation „Health At A Glance“ (weltweit und Europa-Ausgabe) herausgegeben, als PDF-Werk zugänglich. Hier finden Sie alle wichtigen Daten – von den einzelnen Krankheitslasten, dem Gesundheitszustand der einzelnen Bevölkerungen bis hin zu den Kosten und wer sie erstattet.

Ebenfalls eine gute Fundgrube sind die Seiten der WHO (World Health Organisation). Die Vereinten Nationen (UN) sind eine gute Adresse, wenn man sich u. a. für die Bevölkerungsentwicklung, den Altersaufbau, Geburtenraten oder auch Lebenserwartungen interessiert – global und auf Ebene der Regionen bis hin zu den einzelnen Ländern (UN Population Prospects). Umfangreiche Tabellenwerke mit Langfristprognosen u. a. in selbst auswertbarer Excel-Form runden das Angebot ab.

Die nationale Sichtweise

Der erste Blick gilt dem Statistischen Bundesamt (Destatis). So gibt es eine Gesundheitsberichterstattung des Bundes und die Datenbank Genesis online, in welcher zahlreiche Werte recherchiert werden können, was bisweilen etwas Geduld und Verständnis für die Abfragemodalitäten erfordert. Die in etwas größeren zeitlichen Abständen erfolgende Krankheitskostenrechnung des Bundes beschäftigt sich mit der Frage, welche Krankheiten welche Kosten verursachen (bislang wetteiferten Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychische Leiden um den Spitzenplatz).

Destatis liefert zudem Sterbestatistiken, Sterbetafeln (welche Restlebenserwartung besteht im Alter x, wie hoch ist das Sterberisiko im Alter x?) und Betrachtungen zur Lebenserwartung sowie Demografie inklusive einer Visualisierung der demografischen Zukunft: von der Bevölkerungspyramide zum „Pilz“!

Bei Destatis zu finden sind weiterhin detaillierte Daten zur Pflegesituation, weiterhin zu den Einkommen u. a. im Gesundheitswesen und von Freiberuflern. Was früher in den berühmten „Statistischen Jahrbüchern“ zusammengefasst war, ist nun in die Online-Welt transferiert worden. Egal, was man (national) sucht – Destatis ist im Grunde die erste Anlaufstelle, bevor man spezieller weitersucht.

Wer einen guten Überblick über die (sozial-)wirtschaftliche Lage in der Republik erhalten möchte, ist auf der Seite „Sozialpolitik aktuell“ des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen goldrichtig. Quer durch alle Bereiche, auch das Gesundheitswesen, wird hier die Republik ausgeleuchtet, unterstützt durch viele hervorragende Infografiken.

Erwähnung finden sollten zudem die teils recht ausführlichen Publikationen der Krankenkassen, so erscheint jährlich die Datensammlung: AOK – Zahlen und Daten.

Der Verband der Ersatzkassen VdEK gibt in ähnlicher Form seine VdEK-Basisdaten: Daten, Zahlen und Fakten zum Gesundheitswesen heraus.

Nicht zuletzt sind die Rechnungsergebnisse und Mitgliederstatistiken der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums quartals- und jahresweise abrufbar (unter „Kennzahlen, Daten, Bekanntmachungen“ sowie „Finanzergebnisse“).

Jährlich im Oktober tagt der sogenannte „Schätzerkreis“, und dessen Prognosen zur Entwicklung der Finanzlage bei den gesetzlichen Krankenkassen im Folgejahr wird als „Schätztableau“ auf der Internetseite des Bundesamts für Soziale Sicherung (ehemals Bundesversicherungsamt) eingestellt.

Die Privatversicherungen berichten über ihren Verband der Privaten Krankenversicherer e. V. (www.pkv.de). Hier wird jährlich der sogenannte PKV-Zahlenbericht eingestellt, und weiterhin gibt es noch ein PKV-Zahlenportal, welches datenbankmäßig abgefragt werden kann.

Pharmadaten – stets genau hinschauen!

Nicht nur die Methodik bei der Erhebung von Pharmadaten unterscheidet sich (Basis z. B. die Vollerhebung der Rezepte, mehr oder minder große Stichproben aus Apotheken, Absatzdaten von Industrie und Großhandel usw.), sondern ebenso die Preisbasis je nach Datenlieferant:

  • zu Listen-Herstellerpreisen ApU (netto), oder Herstellerpreisen nach Abzug von Rabatten (welchen? Individuelle Rabattverträge werden regelhaft nicht berücksichtigt),
  • zu Apotheken-Einkaufspreisen (netto),
  • zu real erzielten Apotheken-Verkaufspreisen mit Mehrwertsteuer (Kundenpreise), das finden wir häufig bei Auswertungen zum Apotheken- und insbesondere Versandhandelsmarkt,
  • zu real erzielten Apotheken-Verkaufspreisen ohne Mehrwertsteuer und bei Verordnungen nach Abzug der Kassenrabatte = der entscheidende, steuerliche Umsatzwert.

 

Für Einkaufsverhandlungen in der Apotheke zählt der Netto-Einkaufswert, für die eigene Umsatzbetrachtung der zum Schluss genannte, real erzielte Netto-Verkaufswert. Die Industrie interessiert sich selbstredend für die (tatsächlich erlösten) Herstellerpreise.

Apotheken- und Pharmadaten

Das Apothekenwesen wird ohne Zweifel am besten von der Standesorganisation ABDA in ihrem statistischen Jahrbuch beleuchtet: Die Apotheke: Zahlen, Daten, Fakten (für das jeweilige Berichtsjahr). Es erscheint im Anschluss an die Wirtschaftstage jedes Jahr im Frühsommer mit bevorzugtem Blick auf das Jahr davor.

Die US-Datendienstleister IQVIA Deutschland sowie die deutsche Firma Insight Health bzw. deren Ableger Solvena beleuchten laufend den Pharmamarkt. Ein Datenpanel mit einigen wichtigen Kennzahlen finden Sie auf unserer AWA-Website www.apotheke-wirtschaft.de, basierend auf Insight Health-Werten. IQVIA erstellt quartalsweise den „Marktbericht classic“.

Die Pharmaverbände liefern jährlich Zahlenbroschüren, so der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie BPI (www.bpi.de) oder Pharma Deutschland (www.pharmadeutschland.de), dort jeweils zu finden unter Rubriken wie „Zahlen und Fakten“.

Der bekannte, jedoch kostenpflichtige Arzneiverordnungsreport in Buchform (oder elektronisch als eBook) untersucht das Geschehen aus der Sicht der Verordner und Kostenträger; er bildet zudem den aktuellen wissenschaftlichen Stand einer rationalen, evidenzbasierten Verordnungsweise ab.

Frei zugänglich ist der Daten- und Tabellenteil, erstellt unter der Regie des Wissenschaftlichen Instituts der Ortskrankenkassen WIdO: Der GKV-Arzneimittelmarkt – Klassifikation, Methodik und Ergebnisse. Hier finden sich äußerst detaillierte Auswertungen zum Arzneimittelverbrauch nach Indikationen, Alter, Arztgruppen u. a. m. Online betreibt das WIdO zudem den PharMaAnalyst (https://arzneimittel.wido.de/PharMaAnalyst), der eine Abfrage aller GKV-Verordnungen nach verschiedensten Kriterien gestattet. Aufseiten der GKV sei zudem das GAmSi-Informationssystem erwähnt, welches sehr aufschlussreiche Auswertungen des Verordnungsgeschehens bundesweit und auf Landesebene erstellt, erreichbar unter www.gkv-gamsi.de.

Zu guter Letzt beschäftigt sich das IGES-Institut mit dem GKV-Arzneimittelmarkt in seinem Arzneimittel-Atlas (www.arzneimittel-atlas.de). Last but not least hat der jährliche Arzneimittelreport der Barmer Ersatzkasse eine gewisse Bekanntheit erlangt.

Fazit

Wer mehr auf Fakten statt auf Meinung steht (bzw. letztere gut untermauern möchte), ist mit obiger Sammlung bereits sehr gut aufgestellt. Allzu viel mehr, von Spezialrecherchen abgesehen, benutzt übrigens der Autor regelhaft auch nicht.

 

Prof. Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2025; 50(19):4-4