Unternehmenssanierung außerhalb der Insolvenz

Den Kopf nicht in den Sand stecken


Dr. Thomas Müller-Bohn

Aufgrund des wachsenden Drucks auf die Erträge hat die Zahl der Insolvenzen von Apotheken in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Dabei sieht das Insolvenzrecht alternative Verfahren vor, mit denen Betriebe in Schieflage ohne Insolvenz saniert werden können. Wie diese ablaufen, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und was die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Verfahren sind, erläuterte Steuerrechtsanwalt Dr. Markus Rohner beim ApothekenRechtTag im Rahmen der Interpharm Online.

Eine Unternehmenssanierung muss nicht das Ende der Geschichte sein - 
das Insolvenzrecht sieht alternative Verfahren vor!
(Bild: AdobeStock_alexytrener)

Wenn eine Apotheke in die Insolvenz geht, sind alle privaten Vermögensgegenstände in Gefahr, und es droht die Abwicklung des Betriebs. Eine Insolvenz liegt vor, wenn jemand fällige Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllen kann, oder dies innerhalb von 24 Monaten droht. Einzelkaufleute und Personengesellschaften sind zwar nicht verpflichtet, Insolvenzanträge zu stellen, aber Rohner sieht darin die große Gefahr, „den Kopf in den Sand zu stecken“. Stattdessen rät er, rechtzeitig auf Krisensymptome zu achten und früh zu reagieren.

Da Zahlungsrückstände beim Finanzamt alle Rettungsversuche unmöglich machen und die gemieteten Räume sowie das Personal für den Apothekenbetrieb unverzichtbar sind, bilden der Großhandel und die Banken in der Praxis die wichtigsten Verhandlungspartner bei drohenden Zahlungsschwierigkeiten. Deren Forderungen stehen meistens Sicherheiten gegenüber. Außerdem sind der Großhandel und die Banken üblicherweise interessiert, eine bestehende Apotheke zu erhalten, um mit ihr langfristig im Geschäft zu bleiben, erklärte Rohner.

Die klassische Möglichkeit zur Einigung ist ein außergerichtlicher Vergleich, bei dem einzelne Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Ein solcher Schuldenschnitt ist oft mit einem Besserungsschein verbunden, der einen Anteil an künftigen Gewinnen bietet. Nachteile dieser Vorgehensweise sind die Anfechtbarkeit und mögliche Störungen durch einzelne Gläubiger.

Sanierung nach StaRUG: Makel der Insolvenz entfällt

Durch das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) wurden neue Möglichkeiten eingeführt, mit denen eine Insolvenz abgewendet werden kann. Als relativ preiswert und „schlank“ beschrieb Rohner die Sanierungsmoderation, ein gerichtliches Verfahren, das anfechtungsfest ist und nicht öffentlich stattfindet. Dafür darf noch keine Zahlungsunfähigkeit vorliegen und es muss ein Sanierungskonzept bestehen, dem alle beteiligten Gläubiger zustimmen.

Wenn dies nicht gelingt oder als nicht aussichtsreich angesehen wird, bietet sich das Restrukturierungsverfahren an. Auch dies ist ein anfechtungsfestes gerichtliches Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit, bei dem die Apotheke fortgeführt wird und der Makel der Insolvenz entfällt. Es darf maximal drohende Zahlungsunfähigkeit bestehen, der Betroffene muss als zuverlässig gelten, es darf keinen Zahlungsverzug gegenüber dem Finanzamt oder der Sozialversicherung geben, und die Vermögensverhältnisse müssen offengelegt werden. Dabei muss gezeigt werden, dass ohne Restrukturierung die Insolvenz droht. Weitere Voraussetzungen sind ein Restrukturierungsplan und eine Vergleichsquote, und schließlich müssen die einbezogenen Gläubiger dem Plan mit einer Drei-Viertel-Mehrheit zustimmen. Dazu muss für diese erkennbar sein, dass sie mit dem Restrukturierungsplan mehr erhalten als bei einer Insolvenz, betonte Rohner.

Hier bestehen Ähnlichkeiten zur Sanierung im Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Auch diese Variante zielt auf die Fortsetzung des Apothekenbetriebs. Das Regelinsolvenzverfahren ist dagegen auf die Liquidation des gesamten Privatvermögens und die Zerschlagung der Apotheke ausgerichtet, auch wenn die Apotheke in der Praxis nicht immer abgewickelt werde, wie Rohner berichtete.

Damit es so weit nicht kommt, mahnte Rohner, die Geschäftsentwicklung zeitnah zu verfolgen, auf sinkende Roherträge und steigende Kosten zu achten, die Liquidität zu planen und vor allem solche Probleme ernst zu nehmen. Bei einer drohenden Krise sollte ein Profi rechtzeitig die Liquidität prüfen. Für eine Restrukturierung sei es immer nötig, „frisches Geld“ zu bekommen und die Zukunftsfähigkeit der Apotheke darzulegen.

 

Dr. Thomas Müller-Bohn, Apotheker und Dipl. Kfm., Lehrbeauftragter an der Uni Kiel, 23701 Süsel, E-Mail: mueller-bohn@t-online.de

 

Hinweis

Der Artikel basiert auf einem Vortrag beim ApothekenRechtTag am 21. März 2025 im Rahmen der Interpharm Online.

Die gesamte Veranstaltung ist als Video on demand noch bis zum 31. Juli 2025 im Internet (kostenpflichtig) abrufbar unter

interpharm.de/video-archiv

Weitere Artikel zum Thema

Wenn Sie sich ausführlicher zu dem (leider) sehr aktuellen Thema Sanierung und Restrukturierung nach StaRUG informieren möchten, dann finden Sie dazu weitere aktuelle Berichte im AWA:

1. „Wer zu spät kommt, den bestraft das Insolvenzrecht!“ in der Ausgabe AWA 19/2024 (ab Seite 6) 

2. „Ohne Insolvenz wieder auf die Beine kommen“ im AWA 4/2025 (ab Seite 6)

3. „Apotheken sind keine Organe der Systempflege" im AWA 8/2025 (ab Seite 8)

Nadine Freialdenhoven berichtet in AWA 7/2025 ab Seite 6 von ihren Erfahrungen einer Insolvenz in Eigenverwaltung.

(Foto: AdobeStock_VRD)

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2025; 50(09):9-9