Florian Giermann

Finanzielle Anreize für besondere Leistungen Ihrer Mitarbeiter sind gut investiertes Geld. (AdobeStock_TA design)
Engagierte Mitarbeiter zu halten und zu motivieren ist vor dem Hintergrund des akuten Fachkräftemangels eine essenzielle Anforderung. Gerade in inhabergeführten Apotheken kann eine gezielte leistungsbezogene Vergütung ein strategisches Mittel sein: Sie fördert unternehmerisches Denken und Eigenverantwortung, belohnt individuelle Stärken und macht den eigenen Beitrag am Erfolg der Apotheke durch transparente Zielvereinbarungen sichtbar – mit positiver Wirkung auf Motivation und Bindung.
Wichtig bei allen Zielen ist, dass ihre Bewertung transparent anhand von Kriterien erfolgt, die bei der Zielvereinbarung gemeinsam festgelegt wurden.
Kann eine variable Vergütung in der Apotheke funktionieren?
Variable Gehaltsbestandteile sind in vielen Branchen etabliert, insbesondere im Vertrieb sowie in Dienstleistungsunternehmen. Zwar wird auch in der Apotheke verkauft, dennoch ist sie kein klassischer Vertriebsbetrieb, da es zur guten pharmazeutischen Beratung eben auch gehört, Kunden bei Bedarf von der Einnahme und somit dem Kauf eines Präparates abzuraten.
Auf gewisse Bereiche des Apothekenbetriebs lassen sich Zielvereinbarungen jedoch sehr gut adaptieren – etwa für den Verkauf von Sichtwahlprodukten, Retaxationen oder besondere Beratungsleistungen.
Grundsätzlich kann eine variable Vergütung mit allen Mitarbeitern vereinbart werden, besonders geeignet sind Positionen mit klar messbaren und zielorientierten Aufgaben. Dazu gehören Filialleitungen, die für Umsatz- und Kostenverantwortung stehen, sowie Mitarbeiter, die für spezialisierte Bereiche wie die Heimversorgung oder Sonderprojekte zuständig sind. Auch Teamziele, wie die Reduktion von Retaxationen, die erfolgreiche Einführung von pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) oder die Steigerung des Sichtwahlumsatzes, können sinnvoll in Bonusvereinbarungen einbezogen werden.
Rechtliche Stolperfallen
Selbstverständlich muss sich die variable Vergütung im Rahmen geltender Gesetze und Tarifverträge bewegen. Apotheken, die an den Bundesrahmentarifvertrag (BRTV) gebunden sind, müssen beachten, dass dort festgelegte Mindestgehälter nicht durch variable Bestandteile unterlaufen werden dürfen. Bonusvereinbarungen sollten immer schriftlich erfolgen, klare Bedingungen enthalten und für alle Mitarbeiter nachvollziehbar sein.
Auch arbeitsrechtlich ist Sorgfalt geboten. Wird ein Bonus regelmäßig gezahlt, kann unter Umständen aus einer sog. „betrieblichen Übung“ ein Rechtsanspruch auf künftige Zahlungen entstehen. Daher empfiehlt es sich, den Freiwilligkeitsvorbehalt in einer schriftlichen Vereinbarung explizit zu benennen. Ebenso sollten arbeitsrechtliche Besonderheiten wie Teilzeitbeschäftigung oder Elternzeit angemessen berücksichtigt werden, um faire und rechtssichere Lösungen zu finden.
Auch die Reduktion von Krankheitstagen kann grundsätzlich in eine Zielvereinbarung aufgenommen werden, allerdings müssen dabei einige Bedingungen berücksichtigt werden. Zunächst ist es entscheidend, dass dieses Ziel nicht als alleiniger Leistungsindikator dient, da eine Erkrankung oft durch Faktoren beeinflusst wird, die außerhalb der Kontrolle des Mitarbeiters liegen. Dennoch gibt es in jedem Betrieb Teammitglieder mit auffälligen Krankheitszeiten. Diese könnte man im Rahmen einer Zielvereinbarung durchaus dazu bringen, weniger häufig „krank zu feiern.“
Wie kann eine Bonusregelung ausgestaltet werden?
Bonusvereinbarungen sollten schriftlich fixiert, transparent und nachvollziehbar sein. Die Zieldefinition sollte „SMART“ erfolgen: Spezifisch, Messbar, Attraktiv, Realistisch und Terminiert. Daneben unterscheidet man auch zwischen Individual- und Unternehmenszielen.
Vereinfachte Beispiele für Individualziele könnten z. B. lauten: „Steigerung der Zusatzverkaufsquote in der Sichtwahl um 10 % bis Quartalsende“ oder „Verfassen von fünf Social-Media-Beiträgen pro Woche“. Weichere Ziele, wie beispielsweise der Besuch von X Fortbildungen pro Jahr, können ebenfalls berücksichtigt werden.
Beispiele für Unternehmensziele sind „Steigerung des durchschnittlichen Korbumsatzes auf mindestens X Euro im Vergleich zum Vorjahr“ oder „Rückgang der Retaxationen um 5 %“. Unternehmensziele können auch so gestaltet werden, dass die ansonsten schwer zu bewertenden PKA ebenfalls bedacht sind – etwa über eine Berücksichtigung der Retourenquote.
Empfehlenswert ist darüber hinaus, dass niemals mit nur einem einzelnen Ziel gearbeitet wird. Gäbe es zum Beispiel einen Bonus ausschließlich für jede als pDL abgerechnete Inhalatorschulung, so würden sich Mitarbeiter, die monetär motivierbar sind, im Extremfall nur noch um Kunden mit Atemwegserkrankungen kümmern und andere Kunden den Kolleginnen überlassen. So entsteht schnell eine gewiss nicht gewollte Ellbogenmentalität im Team. Deswegen empfiehlt es sich, mit drei bis fünf Zielen zu arbeiten, von denen einige im Widerspruch zueinander stehen sollten. Kombiniert man beispielsweise die Steigerung der pDL mit der Steigerung der pro Tag bedienten Kunden, können sich Mitarbeiter nicht zu viel Zeit für die pDL nehmen, da ansonsten das andere Ziel verfehlt wird.
Von der Theorie in die Praxis
Empfehlenswert ist der Start mit einem Pilotprojekt, z. B. für ein definiertes Team oder eine bestimmte Aufgabe. Aktuell drängen sich für so ein Projekt die pDL Blutdruckmessung, Inhalator-Schulung und Polymedikation auf. Diese Dienstleistungen sind neu und noch nicht in allen Apotheken etabliert. Und es gibt in den Apothekenteams die üblichen Reaktionen auf Neuerungen, die von Ablehnung bis Enthusiasmus die komplette Bandbreite abdecken. Es empfiehlt sich, die konkreten Ziele gemeinsam mit den Mitarbeitern zu entwickeln: Das fördert die Akzeptanz. Und wenn Ihnen diese Ziele zu wenig ambitioniert erscheinen, dann können Sie als Inhaber im Rahmen eines solchen Gesprächs immer noch nachsteuern und Untergrenzen definieren.
Unbedingt schriftlich festgehalten werden sollte, wie die Erreichung der Ziele gemessen und auf welcher Basis ein Bonus berechnet wird. Regelmäßige Feedbackrunden haben sich bewährt und sollten mindestens quartalsweise abgehalten werden. Spätestens nach einem Jahr erfolgt dann die Evaluierung: Was hat gut funktioniert? Was kann verbessert werden?
Tabelle 1 zeigt modellhaft, wie eine Bonusvereinbarung für Apotheken mit fünf Zielen konkret aussehen könnte.

Tab. 1: Beispiel für eine Zielvereinbarung – oben die Plan-, unten die Ist-Werte
Fazit
Wenn Sie als Inhaber ein solches Bonusmodell etablieren, werden Sie von potenziellen Bewerbern mit Ihrer Apotheke als moderner Arbeitgeber wahrgenommen: Sie zeigen, dass Leistung gesehen und belohnt wird. Keine Selbstverständlichkeit in einem Berufsfeld, dessen teils starre Strukturen in der Besonderheit der verkauften Ware begründet sind. In Zeiten, in denen qualifiziertes Personal schwer zu finden ist, vielleicht sogar ein entscheidender Baustein im sog. „Employer Branding“.
Besonders im Westen Deutschlands, wo überwiegend übertariflich bezahlt wird, dürfte es vielen Inhabern schwerfallen, on top auch noch Bonuszahlungen zu leisten. Da empfiehlt es sich, durch das variable Gehalt einen Teil der übertariflichen Entlohnung als freiwillige, leistungsbezogene Zusatzvergütung zu ersetzen. Wer dann die vereinbarten Ziele erreicht, kann sogar mehr verdienen als nur die üblichen paar Prozentpunkte über Tarif.
Florian Giermann, Berater, Speaker und Autor, Jurist, 67256 Weisenheim am Sand, E-Mail: info@floriangiermann.de
Fortsetzung folgt
Der geeignete Rahmen zur Bewertung von Zielvereinbarungen sind die Jahresgespräche. Dazu folgt ein separater Artikel in der nächsten AWA-Ausgabe 13/2025. Bleiben Sie dran und lesen Sie in der nächsten Ausgabe weiter.

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Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2025; 50(12):10-10